§ 106 Ernst Ludwig II auf Sukow und Pohnstorf [336]

    Friedrich Ludwig v. Blüchers [672] ältester Sohn, geboren zu Sukow im Jahre 1711, am 16. Oktober, stand bei des Vaters Tode im 18. Lebensjahre, also in einem Alter, wo er schon eine Stütze für die Mutter bei der Verwaltung des großen väterlichen Gutes werden konnte. Die Rücksicht wird die Ursache gewesen sein, daß sich Ernst Ludwig nicht wie seine Brüder in Kriegsdienste begab. Die Mutter ward der Gutsverwaltung bald überdrüssig, sie ließ nach sechs Jahren (trinitatis 1735) ihrem ältesten Sohn in ihren Pachtkontrakt eintreten, der bis zum Jahre 1744, oder wenn dann die beiden jüngeren Söhne noch nicht für majorenn erklärt würden, bis 1747 laufen sollte. Im Grunde geschah diese Verwaltung nur im Interesse aller bei dem Gute Beteiligten, der Mutter und der sämtlichen Geschwister; aber Ernst Ludwig hegte die sichere Hoffnung, daß ihm bei der zu erwartenden Erbteilung das väterliche Gut verbleiben würde, er betrachtete es schon als sein Lehn und führte auch schon an 8. März 1737 seine Cousine, Elisabeth Oelgard v. Blücher aus dem Kittendorfer Hause als seine Gattin heim, vertrat 1740 das Gut Sukow auf dem Landtage usw. Die Entscheidung erfolgte früher, als bei der Übernahme des Gutes 1735 angenommen war. Zu Güstrow, am 16. November 1742 schlossen alle drei Söhne, nachdem auch August und Christoph Anton für volljährig erklärt waren, mit der Mutter und den Schwestern einen Erbteilungsvertrag. Die beiden jüngsten Brüder wünschten das Gut nicht selbst zu haben; da jedoch Ernst Ludwig auf Kavelung bestand, so erklärten sie am anderen Tage, weil der älteste Bruder schon bedeutende Meliorationsgelder zu fordern habe und sie selbst im Kriegsdienste verbleiben wollten, daß, wenn einem von ihnen durch das Los das Gut zufiele, dieser es Ernst Ludwig überlassen wolle, für welchen Entschluß Letzerer, gleichviel, wer von dreien das Los zöge, beiden Brüdern das väterliche Erbteil ansehnlich erhöhte. Demgemäß überliess August, der das Gut erloste, dieses sofort an den ältesten Bruder.
    Ernst Ludwig verwaltete sein Gut aufs Tüchtigste und war daneben bemüht, seinen Besitz angemessen zu erweitern. Dazu bot sich ihm bald Gelegenheit. Sein Nachbar, der Hauptmann Christoph Heinrich von der Kettenburg auf Schwetzin und Pohnstorf, verkaufte ihm am 8. Juni 1744 (nördlich an Sukow anstoßende) Gut Pohnstorf um 13400 Rthlr. N2/3, die er bei der Übernahme auf Trinitatis 1745 bar auszahlen sollte.
 Bald nach dem Abschlusse des Kontrakts starb nun freilich der Verkäufer, und eine zweite Schwierigkeit drohte daraus zu erwachsen, daß der Herzog Karl Leopold die landesherrliche Genehmigung des Kaufes verweigerte. Doch waren diese Besorgnisse nur vorübergehend; auf die Bitte der verwitweten Hauptmännin von der Kettenburg gab der Herzog Christian Ludwig als kaiserlicher Kommissarius am 19. September 1744 die Bestätigung; und als am 25. Juni 1745 Franz Heinrich von der Kettenburg als nächster Lehnserbe seines Bruders, des verstorbenen Hauptmanns, zu obigem Verkauf seine agnatische Einwilligung erteilte, gelangte Ernst Ludwig v. Blücher an demselben Tage gegen Auszahlung des bedungenen Kaufpreises in den Besitz von Pohnstorf, welches seitdem mit Sukow vereinigt geblieben ist, obwohl Ernst Ludwig bei der Muthung seiner Güter, nach dem Regierungsantritt Herzog Friedrichs, am 13. November 1756 über Sukow und über Pohnstorf zwei besondere Muthscheine empfing.
    Wie sein Vater und sein Großvater, erreichte auch Ernst Ludwig v. Blücher kein hohes Alter; er starb in seinem 50sten Lebensjahre, am 9. Juli 1761, zu Rostock.
    Seine Witwe übernahm in Gemäßheit der letztwilligen Verfügung ihres Gemahls, da noch sämtliche Kinder minorenn waren, unterstützt von einem Mitvormunde die Vormundschaft und die Verwaltung der Güter, entschlug sich jedoch bald hernach dieser Geschäfte, die in der Tat sehr umfangreich waren, da sich kurz zuvor der Besitz erheblich vermehrt hatte durch eine Erbschaft, welche der Frau zufiel. Sie war nämliche eine Tochter des recht wohlhabenden Hofmarschalls August Christian v. Blücher auf Kittendorf aus dessen erster Ehe mit Oelgard Sophie v. Pederstorff, der Tochter Ernst Wilhelms von Pederstorff auf Ziesendorf, und da ihre einzige Schwester verstorben war, so war sie die einzige Erbin ihrer früh verstorbenen Mutter, Ihr in Sukow eingebrachtes Vermögen hatte hingereicht, um Pohnstorf zu erwerben. Späterhin erfuhr dieses noch eine bedeutende Vermehrung. Freilich, als der Hofmarschall, nach dem frühen Tode seiner Söhne, seine beiden Schwiegersöhne 1751 um das Gut Kittendorf kaveln ließ, fiel diese nicht Ernst Ludwig v. Blücher, sondern dem Gemahl seiner Tochter Friderike Maria (aus der zweiten Ehe) zu, die Frau v. Blücher erhielt jedoch ein entsprechendes Vermögen. Späterhin aber ward Letzere durch einen Erbfall in dem Hause ihrer Mutter Besitzerin eines bedeutenden Güterkomplexes.
    Nämlich am 16. Mai 1759 starb der letzte Bruder ihrer Mutter, Helmuth v. Pederstorff, ein Mann, der als Landrat zur Zeit der kaiserlichen Kommission während der Regierung des Herzogs Karl Leopold (1735-1747), und hernach als Präsident des höchsten Gerichtshofes im Lande, des Hof- und Landgerichts, eine hervorragende Rolle in der mecklenburgischen Geschichte gespielt hatte. Dieser hatte das von seinem Vater ererbte Gut Ziesendorf (1729) verkauft, dann 1731 von seiner nachmaligen ersten Gattin Elisabeth von der Lühe, der Witwe des Hauptmanns Dietrich von Wolffradt, das von Letzerem ererbte Allodialgut Brokhusen erworben, aber auch diese 1756 wieder veräußert. Dagegen war von seinem Oheim Julius Ludwig von Pederstorff das Allodialgut Finken (bei Röbel) mit Dammwolde, Knüppeldamm und Bütow zunächst auf einen Bruder des Präsidenten, von diesem aber hernach auf den Präsidenten selbst vererbt. Der Präsident setzte seiner zweiten Gemahlin, einer v. Wolffradt die ihn lange überlebte), nur eine Leibrente aus, bestimmte dagegen die Frau Elisabeth Oelgard v. Blücher, die die einzige Tochter seiner einzigen Schwester war, zur Erbin eines sehr bedeutenden baren Vermögens und der Finkenschen Güter.
    Da nun, wie erwähnt, die Frau v. Blücher der Verwaltung so ausgedehnter Güter, welche überdies weit von einander entfernt lagen, bald müde ward, auch der Vormund ihrer Kinder wegen beabsichtigten Überganges in ausländische Dienste seines lästigen Ehrenamtes überhoben zu sein wünschte, und die Blücherschen Kinder und Schwiegersöhne einer Auseinandersetzung gleichfalls sehr geneigt waren: so war mit obervormundschaftlicher Genehmigung das väterliche Testament aufgehoben, und die Witwe v. Blücher schloß zu Rostock am 29. Mai 1762 mit ihren Kindern eines Erbschaftsvertrag, in welchem sie sich eine ansehnliche Summe zu ihrem Unterhalte, sowie ein Haus zu Rostock und das Fonds für die Leibrente ihrer Tante, der Präsidentin v. Pederstorff, vorbehielt, aber ihr in Sukow eingebrachtes Vermögen und die Finkeschen Güter den Kindern abtrat. Ihre letzen Lebensjahre brachte sie in ihrem Hause zu Malchin zu; dort ist sie nach einer kurzen Krankheit am 9. September 1780 verstorben.
    Ernst Ludwig v. Blücher verlor drei Kinder im Kindesalter, ihn überlebten sechs :
    1) August Christian, geb. Zu Sukow am 17. März 1738, trat ins hannoversche Militär. Wir finden ihn daselbst am 26. Mai 1757 als Cornet im dritten Kavallerie-Regiment genannt; aber er gab diese Laufbahn schon 1759 wieder auf und kehrte in sein Vaterhaus zurück. Als er am 14. Juli 1762 mit seinen beiden Brüdern, nachdem die Schwestern sich mit ihrem Brautschatz zufrieden erklärt hatten, zu einem Vergleich über die Lehngüter Sukow und Pohnstorf und die Allodialgüter Finken mit Dammwolde, Knüppeldamm und Bütow schritt, verzichtete er auf sämtliche Güter gegen eine Abfindung von 22300 Rthlrn, von denen Friedrich Helmuth Ludwig, der die Finkenschen Güter wählte, die Hälfte, und Helmuth Hartwig, der Sukow und Pohnstorf erhielt, die andere Hälfte zu zahlen hatte. Hernach kaufte aber August Christian (im Frühling 1763) von Christian Nicolaus v. Schröder die beiden Güter Groß Nienhagen und Klein Siemen (bei Neubukow), welche wegen ihres trefflichen Bodens ein schöner Besitz für die Familie v. Blücher zu werden versprechen. Indessen erfreute sich August Christian dieser Erwerbung nicht lange; er starb schon am 1. Januar 1765 zu Groß Nienhagen. Und späterhin gelangten diese Güter freilich an einen Schwager desselben, aber dieser vermochte sie nicht zu halten.
    2) Friedrich Helmuth Ludwig, geb. am 3. Februar 1739, ward der Stammvater des gräflichen Hauses Finken.
    3) Barbara Eleonore Elisabeth, geb. Am 5. April 1740, vermählte sich am 27. August 1761 zu Rostock mit dem preußischen Hauptmann Ludwig August v. Ostau (geb. 1736), der wegen einer in der Schlacht bei Zorndorf empfangen Kopfwunde seine Abschied nahm un in Mecklenburg ansiedelte, indem er von Victor von der Lühe auf Thelkow das Gut Dudendorf (bei Sülz) und von einem Herrn von Barner das Gut Kukstorf (auch bei Sülz gelegen) erwarb. Es gelang ihm jedoch nicht diesen Besitz zu befestigen; vielmehr sah er sich veranlasst, jene beiden Güter an den Geh. Rat Baron Waitz von Eschen zu veräussern, und verließ 1768 mit seiner Familie Mecklenburg, um seine Heimat, Ostpreußen, aufzusuchen. In Königsberg erhielt er am 15. September 1768 das Patent eines Landrats in Preußen und 1771, am 09. August, ward er zum Landrat des Schauckenschen Kreises bestellt. Er besaß die Güter Puschkaiten (bei Friedland) und Skandau (bei Gerdauen im Reg. Bezirk Königsberg). Ersteres bewohnte er, und dort ist er am 11. Februar 1787 verstorben. Seine Witwe beschloß ihre Tage am 10. Juli 1793 in ihrem 54. Lebensjahre.
    4) Sophia Magdalena, geb. am 9. Juni 1741, verlobte sich zu Anfang des Jahrs 1761 und vermählte sich gleich hernach am 26. Februar zu Rostock mit dem holländischen Hauptmann a.D. Freiherrn Friedrich v Vegesack auf Zühr, Neuhof und Schaliss. Wir haben gesehen, daß Zühr schon einmal, aber nur auf kurze Zeit, teilweise im Besitz eines Mitgliedes der Familie v. Blücher gewesen war; auch Sophie Magdalena war die Freude an dieser Besitzung nur auf kurze Zeit beschieden. Denn wiewohl sie den Gläubigern ihres durch mancherlei Unglücksfälle und die Leiden des siebenjährigen Krieges aber auch durch einen gewissen Hang zu allerlei unfruchtbaren Unternehmungen und durch Prachtliebe in Verlegenheit geratenen Gemahls einen ansehnlichen Teil ihres nicht unbedeutenden Vermögens opferte, mußten sie doch schon 1766 diese Güter im Stiche lassen. Sie nahmen zunächst ihren Wohnsitz in Wismar, siedelten jedoch nach Schweden über. Trotz dem Unternehmungsgeiste des Freiherrn geriet seine zahlreiche Familie in nicht geringe Bedrängnisse. Es muß der Frau nachgerühmt werden, daß sie solcher, statt sich mit Klagen an ihre Mutter und Geschwister zu wenden, durch unermüdliche Tätigkeit und Tüchtigkeit zu mildern wußte und mit frischen Mute sich an die Hoffnung auf bessere Zeiten bewahrte. Das Vermögen, welches sie von ihrer Mutter ererbte, machte hernach diesen Sorgen ein Ende. Als Witwe (ihr Gemahl + am 10. November 1778) begab sie sich nach Pommern. 1785-1795 finden wir sie zu Nehringen, späterhin wohnte sie bei ihren Töchtern im adeligen Kloster zu Barth, wo sie im 89. lebensjahre am 1. April 1830 verstorben ist.
    5) Eva Oelgard, geb. am 31. Mai 1742, starb schon 1744.
    6) Anton Georg, geb. 14. Aug. 1743, + 1745
    7) Helmuth Hartwig, geb. am 10. Januar 1745
    8) Wilhelmine Elisabeth, geb. am 6. Januar 1749, starb in ihrem ersten Lebensjahre, am 20. Juli 1749
    9) Elisabeth Wilhelmine, geb. am 26. April 1750, stand erst im 14. Lebensjahre, als sie zu Rostock am 18. November mit dem württembergischen Obersten a.D. Kammerherrn Karl Leopold v. Zülow verheiratete. Dieser übernahm von den gesamten Erben das von seinem Schwager August Christian erkaufte Lehngut Groß Nienhagen mit Klein Siemen; er sah sich aber durch die Kalamitäten, in denen sich damals gar viele mecklenburgische Gutsbesitzer befanden, genötigt, diesen Besitz 1767 seine Gläubigern zu überlassen. Er wohnte dann zu Rostock, wo er in der Nacht vom 18. auf dem 19. Juli 1776 seinen Gemahlin „an einem heftigen Fieber“ verlor. Der Oberst schloss darauf eine zweite Ehe mit eine v. Levetzow, und nach deren Tode laut Ehestiftung d.d. Berlin, 30. Oktober 1784 eine dritten Ehe mit einem Fräulein v. Ramin.

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