5) Sitte, Brauch und Spiel

    Von Sitte, Brauch und Lied ist wenig zu vermelden.  Das Fehlen der Anregung von seiten einer gleichgesitteten Nachbarschaft und der heimatentfremdende Fuhrmannsberuf der Männer mag mit dem meisten aufgeräumt haben.  Alte Lieder und Sagen sind gar nicht bekannt.  Man singt selten, und dann nur Schul- und Kirchenlieder.  Mancher Brauch, wie das Sommersingen und die Dreikönigslieder, sind polnische Einfuhr.  Und was sich sonst findet, ist dürftig und entspricht ganz ähnlichen, in Schlesien üblichen Bräuchen.  Diese Übereinstimmung ist immerhin wichtig.  Ganz abweichend sind die eigenartigen Hochzeitsgebräuche, die sich noch ziemlich zähe festhalten.

Hochzeitsgebräuche
    Zur Werbung um die Auserwählte nimmt der Freier meist einen älteren Bruder oder Verwandten mit. Bekommt er das Jawort, so wird gleich der Tag für die Hochzeit festgesetzt.  Nach dem ersten Aufgebote in der Kirche werden die Personen für die verschiedenen Ehrenämter ausgesucht.  Da heißt es, peinlich acht geben, daß niemand übergangen oder zurückgesetzt wird, der auf ein solches Amt wegen verwandtschaftlicher oder sonstiger Beziehungen Anspruch hat.  Geschwister erhalten kein Ehrenamt.  Die Hochzeit wird getrennt gefeiert.  Die Verwandten und Freunde des Bräutigams feiern im Hause von dessen Vater, die Gäste der Braut im Hause des Brautvaters.  Eine Hochzeit wurde früher allenthalben drei Tage lang gefeiert, manchmal noch länger.  Heute begnügt man sich mit zwei Tagen.
    Beide Hochzeitshäuser wählen zunächst je einen Starosten, der sich mit dem Hausherrn um die ganze Bewirtung der Gäste und besonders um die Getränke zu kümmern hat.  Er ist die wichtigste Person; darum hatte der Starosta des Bräutigams auch beim Kirchgange den Ehrenplatz rechts vom Bräutigam, während derjenige der Braut früher nicht mit zur Kirche ging.  In beiden Häusern sind dann je zwei Mädchen als Kränzeljungfern [mat'chadruschk'a oder bloß druschk'a], je zwei verheiratete Frauen als -Kränzelfrauen [frauadruschk'a] und zwei junge Burschen als Kränzelherren [driuscheba] zu wählen.  Diese bilden für das Brautpaar das Ehrengefolge; die Kränzelherren haben auch für die Bedienung der Hochzeitsgäste zu sorgen.  Ein weiteres Ehrenamt, das hauptsächlich älteren Frauen aus der Verwandtschaft zugänglich ist, ist das der "Köchinnen".  Das Reich ihrer Tätigkeit und Verantwortung ist die Küche.  Am Tage vor der Hochzeit, meist Montags, gehn von beiden Hochzeitshäusern die mat'chadruschk'a, ihre "Freundschaft", das heißt Verwandtschaft, zur Hochzeit zu laden.  Dabei bringen sie Flaschen vom Hochzeitswein mit und geben davon den Einzuladenden zu trinken.  Die Einladungsworte lauten gewöhnlich: "Der IIochzeitsvater und die Hochzeitsmutter lassen schön bitten, Ihr möchtet so gut sein und morgen auch zum Hochzeitsmahl kommen." Natürlich sind die Gäste schon vorher von den Brautleuten oder ihren Eltern eingeladen worden.
    Am Abend vor der Hochzeit fahren der Starosta, die frauadruschk'a und driuschba der Braut mit den Federbetten nach der neuen Behausung, um das Brautbeit herzurichten.  Dort haben sich bereits die nächsten Gäste des Bräutigams versammelt.  Die Anklopfenden werden zunächst als Fremde behandelt, die sich erst durch einen Paß ausweisen sollen.  Nun wird gewöhnlich ein Bogen Papier mit einem oft gleichgültigen, häufig in Spiegelschrift geschriebenen Satze vorgezeigt.  Darauf wird den Abgesandten der Braut Einlaß gewährt.  Jetzt haben sie aber noch einen harten Stand, denn das Herrichten der Betten wird ihnen möglichst ersehwert.  Sind sie mit ihrer Arbeit fertig, so wird alles wieder zerwühlt, irgendwelche Gegenstände werden hineingeworfen oder sind vorher schon im Stroh versteckt worden und inüssen angeblich erst wieder herausgeholt werden.  Ist endlich alles von neuem in Ordnung gebracht, so steht wohl einer, der verstohlen unter das Bett gekrochen ist, plötzlich auf, so daß alles wieder herausfliegt.  Manchmal wirft wohl auch der Starosta des Bräutigams oder die im Hause befindlichen "Köchinnen" oder ein Kränzelherr einen Jungen aufs Bett, der sich gehörig darin herumwälzt, aber dann sehen muß, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat.  Ist dann die schwere Arbeit doch endlich getan, so werden die Gäste bewirtet.
    Am Hochzeitstage, meist Dienstags, sammeln sich früh vor acht in beiden Hochzeitshäusern die nächsten Verwandten und Ehrengäste zu Kaffee und Kuchen.  Dann geht der Bräutigam mit seinen Gästen, den Nachbarn und mit der Musik nach dein Hause der Braut.  Dort finden sie zunächst die Tür verschlossen.  Ein driuscheba des Bräutigams klopft an und bittet um Einlaß.  Dann tritt der Starosta des Bräutigams vor und bittet für ihn in einer langen Ansprache um die Braut mit etwa folgenden Worten:
    Ich bitte um die Erlaubnis, an den Herrn Starosta und die junge liebe Braut ein paar Worte sprechen zu dürfen.  Unser lieber, guter Vater im Himmel, der uns erschaffen hat, setzte schon die Ehe zu Anfang des Menschengeschlechtes ein, und zwar schon im Paradiese.  Unser lieber Heiland erhöhte die Ehe sogar zu einem Sakrament, und darum ist es notwendig, daß sich die Brautleute zu diesem Schritt gut vorbereiten, der sie fürs ganze Loben miteinander verbindet.  Dies haben die Brautleute auch getan, und wir sind heute mit dem Bräutigam hierhergekommen, um hier seine liebe Braut zu finden, die den festen Willen hat, sich fürs ganze Leben in Liebe mit ihm zu verbinden.  Da ich nun hoffe, daß die liebe Braut uns und ihrem Bräutigam folgen wird, und vor dem Altare das Gelöbnis der Liebe und Treue abzulegen, so danke ich vor allem den Eltern der Braut und dem Starosta, daß sie das Versprechen gehalten haben.  Möge der liebe Gott den neuen Ehebund segnen und den Brautleuten die Gnade geben, in dem neuen Stande auch für ihr ewiges Seelenheil zu wirken.  Und so wollen wir denn die Feier beginnen in der Hoffnung auf Gottes Segen und zur Ehre des Brautpaares.
    Hierauf erwidert der Starosta der Braut etwa Folgendes :
    Mir ist die große Ehre zuteil geworden, Euch alle im Namen unsrer ganzen Freundschaft herzlich willkommen zu heißen.  Ich danke auch der ganzen Begleitung und auch Dir, lieber Starosta, daß Ihr Euer Versprechen gehalten habt und heute das Brautpaar in die Kirche begleiten wollt, wo sie einander fürs ganze Leben ewige Treue versprochen wollen.  Insbesondere aber danke ich Dir, geliebter Bräutigam, daß Du Dir eine Braut aus meiner Verwandtschaft ausgesucht hast und ihr heute Liebe und Treue am Altare schwören willst.  Echt christliche Liebe und Anhänglichkeit sei das Band, das dich heute an sie fesselt, und unverbrüchliche Treue, und Zärtlichkeit sei das Siegel deines heutigen Gelöbnisses.  Mögen Kummer und Sorgen ihre heitre Stirn trüben, mögen Krankheit, Unglücksfälle und Mühsal des so schweren Ehelebens ihre jetzige Schönheit schwinden machen, sie darf dir deswegen nicht weniger lieb und teuer sein.  Sei stets eingedenk des großen Opfers, das dir die Braut bringt, denn sie verläßt dir zu Liebe heute nicht nur ihr väterliches Haus und ihre liebenden Geschwister, sondern auch eine liebende Mutter; und diese Liebe zu ersetzen dürfte dir sicher sehr schwer worden.  Aber tu, was in deinen Kräften steht; sei du ihr Schutz und Hort in der neuen Heimat, denn ihr Wohl und Wehe hängt von dir und deiner Behandlung ab.  Sie soll sich wohlgeborgen in deiner Nähe fehlen, und nichts soll imstande sein, ihr deine schätzende Hand zu entziehen.
    Nun bittet der Starosta des Bräutigams um die drei Zeichen.  Der Brautstarosta überreicht auf einem Teller einen Myrthenzweig und ein seidnes Tuch.  Der Bräutigam empfängt die Gaben aus der Hand seines Starosta und legt ein Goldstück und die Ringe auf den Teller.  Früher vertraten kleine myrthengeflochtne Kränzlein die Stelle der Trauringe.  Eine frauadruschk'a des Bräutigams befestigt ihm den Myrthenzweig auf der Brust.  Während dieser Zeremonie spricht der Brautstarosta:
    Hier ist ein grüner Zweig!  Der soll ein Sinnbild sein von dem dürren Zweige des hl. Josef, der nicht nur grün, sondern auch mit schönen weißen Blumen geziert war und so durch ein Wunder entschied, wer der Mann Mariens sein sollte.  Einen solchen Zweig überreicht heute auch die Braut dem Bräutigam zum Zeichen, daß sie ihn als ihren Mann anerkennt.
    Beim Überreichen des Tuches spricht der Starosta weiter:
    Das zweite Zeichen ist ein Schweißtuch und soll eine Nachahmung des Schweißtuches der hl.  Veronika sein, welche Jesus, ihrem auserwählten Bräutigam, ihren Schleier darreichte, damit er sein Angesicht abtrocknen konnte. Und wie sie dann alles verließ und Jesu nachfolgte, so wird auch
heute die Braut Vater und Mutter verlassen und ihrem Manne aubangen.
     Bei der Einhändigung des Ringes fährt er fort:
Hier ist noch das dritte Zeichen, ein goldner Ring.  Er soll ein richtiges Zeichen der Liebe sein; und wie das Gold das edelste und wertvollste Metall ist, so ist auch die Liebe die edelste und vollkommenste Tugend, und wie der Ring rund und ohne Ende, so soll auch die Liebe ewig währen.  Wie böse Menschen Gold und Goldeswert zu entwenden suchen, so wird auch der böse Feind in Gestalt von bösen Menschen die Tugend der Liebe zu zerstören suchen.  Und deshalb soll sie auch wie Gold verwahrt werden. Und so nimm denn hin, geliebter Bräutigam, diese drei Zeichen der Liebe von der Braut!  Möge eure Liebe immerdar neu und schön wie diese Zeichen sein!  Das wünschen wir von ganzem Herzen.
    Während dieser ganzen Handlung hält sich die Braut im Hintergrunde, hinter den übrigen Gästen versteckt.  Nach der Überreichung der drei Zeichen verlangt der Starosta des Bräutigams endlich einmal auch die Braut zu sehen.  Darauf wird ein bräutlich geschmücktes kleineres Mädel, vielfach eine jüngere Schwester der Braut, hervorgeholt und als Braut vorgestellt. Damit ist jedoch der Bräutigamsstarosta nicht zufrieden. Er lehnt die falsche Braut ab; sie sei noch zu jung und noch zu klein. Diese verteidigt sich aber selbst; sie erklärt, sie könne schon kochen, rühmt sich noch aller möglichen anderen Künste und sucht den Bräutigam zu bewegen, sie doch zu nehmen.  Auf dessen beharrliche Ablehnung hin wird schließlich nach einer Weile die richtige Braut von ihrem Vater hervorgeholt und dem Bräutigam zugeführt. Die Brautleute reichen sich die rechten Hände und beschreiten im Gehn einen Kreis.  Die Musik spielt dazu einen Tusch.  Dann tritt die Braut zurück und sagt ihr g'ebätcha (Gebetchen).  Sie dankt zuerst allen Venvandten und Bekannten, daß sie zu ihrem Ehrentage erschienen sind, besonders den Ehrengästen und Freundinnen.  Darauf dankt sie den Eltern für alles, was sie ihr bisher Gutes erwiesen haben, und bittet sie schließlich um ihren Segen zu dem Schritte, den sie heute tun will.  Nach dieser Bitte kniet sie nieder und empfängt von den Eltern den Segen.
    Nun ordnet sich der Zug für den Gang oder die Fahrt in die Kirche zur Trauung, die vor der Messe, gewöhnlich um 8, mitunter um 9 stattfindet.  Der Bräutigam ist dabei stets barhäuptig, auch in Winter und Regen.  Die Braut trägt heute den Kranz.  Früher hatte sie eine Brautkrone aus Pappdeckel, etwa 10 cm. hoch, inwendig mit Stoff ausgelegt, außen mit Flitter und roten und grünen Schleifen verziert.  Solche Brautkronen gab es ein paar im Dorfe; sie wurden leihweise abgegeben.  Kleinere Kronen tragen die Brautjungfern. Nach der Trauung, trennt sich die Gesellschaft wieder in die beiden Häuser zui Kuchen und Kaffee.  Die Musik geht mit dem Bräutigam.
    Früher begann das eigentliche Hochzeitsessen bald nach der Traiiung, und um 3 Uhr zog man schon ins Gasthaus.  Jetzt geht es erst um 8 ins Gasthaus, und das Essen beginnt um 3 Uhr.  Gegen 2 Uhr holen die Kränzelherren alle Gäste in ihr Hochzeitshaus ab, die am Tage vorher von den Kränzeljungfern bereits geladen worden sind.  Früher geschah dies zu Pferde.  Beim Einreiten in den Hof meldeten sich die driufebas mit dem Rufe "feter mime he!" (Vetter, Muhme, he!) an.  Heute radeln wohl einige, meist kommen sie zu Wagen, Ärmere zu Fuß.  Wenn sich dann die Gäste in den beiden Hochzeitshäusern versammeln, gibt es zunächst Kuchen, Wein, Bier und Butterschnitten, früher gab es auch Schnaps.  Um drei Uhr geht es zum Essen.  Es gibt in der Regel Nudelsuppe, Rindfleisch mit Tunke und Brot, feine Graupe mit Pfefferkuchen und Zimt bestreut und mit. brauner Butter, Schweine- oder Rindsbraten mit warmen gekochten Pflaumen. Der Starosta ist der Speisemeister; er gibt jedem mit der Gabel sein Stück Fleisch, das früher mit den Händen ergriffen und auf den blank gescheuerten Tisch gelegt wurde.  Teller gab es nicht.  Oder das Fleisch wird in großen Stücken auf einem Kuchenblech herumgereicht, und jeder nimmt sich sein Stück mit der Hand herunter und schneidet es mit dem eigenen Messer, die Männer meist mit dem Taschenmesser.  Je vier bis acht Mann haben einen gemeinsamen Tunkennapf, aus dem sie sich ihr Teil jedesmal mit einem Löffel herausholen, oder sie tunken, ihr Brot in den Tankennapf ein.  Gesuppt wird ebenfalls zu vieren, sechsen oder achten aus einer gemeinsamen Schüssel.  Auch die Graupe wird in großen Schüsseln, eine für mehrere Gäste, aufgetragen.  In der Mitte der Graupe ist ein Loch gebohrt, das mit zerlassener Butter gefüllt ist.  Jeder nimmt mit dem Löffel vom Rande und tunkt die Graupe ins Butterloch ein.  Als die Männer noch durchweg glattrasiert gingen, mag es wohl leichter gewesen sein ohne erhebliche Straßen von Speiseresten auf dem Tische zwischen Esser und Schüssel zu hinterlassen, aus einem gemeinsamen Gefäße zu essen.  Die heute immer mehr auftretenden Schnurrbärte machen das schwieriger.  Jetzt gilt die gemeinsame Schüssel nur noch bei armen Leuten; im übrigen hat sich der eigne Teller sein Recht verschafft.
    Wie in der Kirche, so sind auch beim Essen Männer und Frauen an verschiednen Tafeln getrennt.  Zum Essen selbst wird wenig getrunken; nach dem Essen gibt es Wein, Bier und Schnaps.  Die Gefäße sind dabei oft knapp.  Früher ging oft ein einziges Weinglas in der Runde herum.  Auch Biergläser gibt es oft nur ein paar.  Bekommt nun ein tüchtiger Zecher das Glas und sitzt er in nächster Nähe des Fasses, so haben die andern das Nachsehen. - Die Musik spielt im Hause des Bräutigams.
    Dieser Hochzeitsschmaus findet immer zu Hause, nie im Gasthause statt.  Jede Hausfrau bringt sich dazu ein Taschentuch mit, um darin den Hochzeitskuchen einzupacken.  Am ersten Tage hat jede Familie Anspruch auf zwei große Blechkuchen, einen für den Mann und einen für die Frau.  Am zweiten Tage bekommen Mann und Frau je einen halben Kuchen.  Einzelne Gäste erhalten ebenfalls ihren entsprechenden Anteil.  Das Fleisch, das nicht gegessen wird, muß ebenfalls mit nach Hause genommen werden.  In die Küche geht nichts zurück.
    Während die Frauen nach dem Essen gewöhnlich ihr gefälltes Taschentuch heimtragen, holt der Bräutigam mit den übrigen Gästen die Braut mit ihren Leuten unter Musikbegleitung gegen 8 Uhr ins Wirtshaus zum Tanze.  Heute geht dabei allerdings nicht mehr die ganze Freundschaft des Bräutigams mit, sondern nur dieser selbst mit seinen Kränzelherren.  Im Gasthause findet sich schließlich die ganze Gesellschaft aus beiden Häusern wieder zusammen.  Nun beginnt der Tanz.  Zuerst tanzte früher Bräutigam allein mit der Braut, dann die Starosten und die Kränzelherren.
    Während die übrige Hochzeitsgesellschaft oft noch länger im Wirtshause bleibt, ist es eine streng beobachtete Anstandsptlicht, daß das Brautpaar am ersten Tage um Mitternacht spätestens verschwindet.  Es geht, von den beiden Elternpaareil, den beiderseitigen frauadruschk'a und beiden Starosten begleitet, ins Haus des Bräutigams zum "Brätchen".  Die Unverheirateten, driuscheba und mat'chadruschk'a, gehn also nicht mit.  Da wird noch einmal kalter oder warmer Braten gegessen.  Daher der Name.  Fär das Essen hat die Brautmutter zu sorgen.  Die Braut bleibt schließlich im Hause des Bräutigams.  Am zweiten Tage geht das Paar früh gemeinsam zur Kirche.  Darauf begibt sich die Braut wieder in ihr Elternhaus.  Nachmittags fährt oder geht der Bräutigam mit der Musik und seinen Kränzelherren ins Haus der Braut.  Dort essen sie, im selben Zimmer zwar, aber nach Geschlechtern getrennt.  Die anderen Gäste des Bräutigams bleiben in dessen Hause.  Sein Starosta muß als rechte Hand des Hausvaters natürlich auch zurückbleiben.
    Für den zweiten Tag, an dem das Feiern erst mittags beginnt, sind die Gäste bereits am eigentlichen Hochzeitstage von den beiden Hochzeitsvätern oder von den Starosten eingeladen worden.  Es gibt "Flecke", das sind Kaldaunen, Nudelsuppe, Braten, Kaffee und Kuchen.  Früher wurde auch am zweiten Tage getanzt.  Dabei wurde gegen 10 Uhr die Braut "kapitst" [eingehaubt].  Die Kinder tragen Fichtenbaumchen mit Lichtern und Schnürchen dem Brautpaare voran; es folgen paarweise die ilbrigen Gäste, alle mit Lichtern.  Dann setzen die frauadruschk'a der Braut die Kapitse auf, befestigen an ihr das "weiße," d. h. hellblaue Band und darauf ein rotes.  Oben kommt um die Kapitse, etwas kleiner als der Kranz, ein grünes Schnüreben.  Die Mütze wird nicht aufgesetzt; die Kapitse ist das eigentliche Wahrzeichen der Frau.  Heute ist das Einhauben, da am zweiten Hochzeitstage nicht mehr getanzt wird, vielfach weggefallen.
    Geht man jetzt auch nicht mehr am zweiten Abende wie früher ins Gasthaus, so hält man dennoch bis tief in die Nacht aus, wieder getrennt in den beiden Festhäusern.  Man macht sich selbst Musik mit Küchenblechen und mit der Harmonika.  Hier findet die Unterhaltungsgabe einiger Witzbolde, von denen es mancher zu großem Rufe im Dorfe gebracht hat, ein weites Feld zu Betätigung und auch ein dankbares Publikum.  Man foppt sich gegenseitig; der und jener trägt eine lustige Schnurre oder ein Lied vor, oder es tiitt einer verkleidet als "Poiats" auf.  Die alten sind besonders im Rätselaufgeben unerschöpflich.
    Früber war diese Belustigung zu Hause am dritten Tage.  Heute ist sie auf den zweiten verlegt, da meist nur noch zwei Tage gefeiert wird.  Am dritten wird nur noch "gewandert".
    Am dritten Tage ging es erst nachmittags los, und nur die nächsten Angehörigen feierten noch, wieder in beiden Häusern getrennt. im Hause des Bräutigams fanden sich sein Starosta, seine Kränzelherren, Kränzeljungfern, Kränzelfrauen, Köchinnen" und nächsten Verwandten ein.  Nachher fuhren sie mit dem Bräutigam ins Haus der Braut.  Dort wurden sie wieder bewirtet.  Jetzt erst, also gewöhnlich am Donnerstage, wurde die Braut endgültig heimgeführt; gleichzeitig wurden die Hausgeräte in die neue Behausung geschafft, in die am Tage vor der Hochzeit nur die Betten gebracht worden waren.  Das ist das "Wandern", das auch heute noch am dritten Tage ausgeführt wird.  Die Braut wird begleitet von ihren Eltern und Geschwistern, ihrem eignen offiziellen Hochzeitsgefolge und dem Bräutigam samt seinem zur Abholung mit ihm erschienenen Gefolge.  Auf mehreren Wagen geht es nun in lustiger Fahrt ins neue Heim.  Zum großen Kummer der Ortspolizei wird unterwegs beständig gejohlt und gejuchzt.  In der neuen Wohnung, in der die Betten schon seit Montag stehn, packen die Burschen kräftig zu, und bald steht die ganze Ausstattung in schönster Ordnung da.  Und nun wird wieder alles bewirtet.
    Früher bewiesen die driuscheba häufig ihre Fürsorge für den neuen Haushalt noch dadurch, daß sie, wenn es zum "Wandern" ging, den Hühnerstall des Brautvaters schnell noch einmal musterten, um auf dem Brautfuder ein paar Hennen zu verstecken, die dann erst im Gehöfte des jungen Paares plötzlich zum Vorschein kamen.  Jetzt sollen sie diese Art Fürsorge für die Mitgift allerdings nicht mehr ausüben.  Dessen war man sich freilich nicht bewußt, daß man damit einen alten Fruchtbar- keitszauber vollzog.

Spinnen
    Bis vor etwa 50 Jahren wurde alles Gespinst und alle Leinirand ohne Ausnahme im Hause hergestsellt. Jetzt ist an ihre Stelle längst die Fabrikware getreten.  Im Herbst und im Winter kamen die Frauen und Mädchen zusammen; auch die Männer beteiligten sich oft, die alten, um ebenfalls zu spinnen, die jungen höchstens Burschen mehr der Mädchen wegen.  Man nannte das "zum Rocken gehn".  Dabei wurde auch gesungen, aber selbst da waren es nur Schul- oder geistliche Lieder.  Auch durch Spiele, Rätselraten und durch Erzählen von lustigen Geschichten sorgte man für Abwechslung.  Das Spinngerät der Frauen war einfach und altertümlich.  Ein hübsch geschnitzter, gerader, etwa 1,20 Meter langer Holzpfahl steckte im rokabrát'cha, einem schmalen, höchstens 10 x 20 cm großen, mit vier kurzen Füßen versehenen Brettchen.  Die Spinnerin hielt mit den aufs Brettchen gestellten Füßen und mit den Knien den Rocken fest.  Spinnräder waren fast ganz unbekannt, und nur ganz vereinzelt ist eins von auswärts eingeführt worden.  Die Männer hatten ein besonderes Spinngerät.  Ein etwa meterlanges Brett trug an einem Ende ein ungefähr 60 cm hohes Stäbchen, über das ein unten ausgehöhlter Holzkloben, die k'elpe, gestülpt wurde, daran der Flachs befestigt war. Das Brett wurde auf eine Bank oder einen Stuhl gelegt, un der Spinner setzte sich darauf.  So hielt er den "tschierschok" fest und hatte den Flachs vor sich.
Geschichte
Tod und Begräbnis
    Der Tod des Hausherrn wurde dem Vieh angesagt.  Das Fenster wurde geöffnet, damit die Seele hinaus könne.  Verwandte und Nachbarn gehn, wenn ein Erwachsener gestorben ist, abends zur Leiche, um da zu singen und zu beten.  Nach etwa zwei Stunden wird ein Laib Brot herumgereicht, und jeder schneidet sich ein Stück ab.  Vielfach wird auch einmal ein Glas Wein gegeben.  Solange ein erwachsener Toter im Hause liegt, geht niemand zu Bette.  Die Betten werden hinausgetragen, Bretter und Bänke werden in der Stube aufgestellt.  Um 10 Uhr gehn die meisten nach Hause, nur die nächsten Verwandten bleiben noch und schlafen mit den Angehörigen, damit die sich nicht fürchten, auf Stroh.  Nur ein Kopfkissen wird aufs Stroh gelegt, aber keine Decke.  Früh wird die Stube gereinigt, man geht zur Leiche hinein, um zu beten; dann gehn die Verwandten nach Hause.  Das wiederholt sich bis zur Beerdigung.  Wenn die Leiche hinausgetragen wird, werden die Stühle, auf denen der Sarg stand, sofort umgeworfen, und beim Hinaustragen wird der Sarg dreimal über der Schwelle gehoben und wieder gesenkt.
    Wenn man kurz nach dem Tode jemandes im Finstern etwas Weißes laufen sieht, so ist der Tote in den Himmel eingegangen; sieht man etwas Schwarzes laufen, so leidet er in der Hölle.

Sonstige Bräuche
    Nach Sonnenuntergang verkauft man gewöhnlich keine Milch mehr.  Muß man es dennoch tun, so mischt man ein wenig Weihwasser darunter, damit die Kühe die Milch nicht verlieren.
... Flechten heilt man, wenn man den Schweiß von den Fensterscheiben daraufstreicht.  Als noch besser gilt folgendes Mittel Man legt frische Birkenruten ins Feuer.  Den sich tropfenweise absondernden Saft streicht man auf einen Teller.  Hat man genug davon gesammelt, so wischt man damit über die Flechte.
    Gegen Lungenkrankheiten nimmt man geriebene Lindenholzkohle, mit feinem Öl und Milch vermengt.  Furunkel heilt man, wenn man mit Holzkohle einen Strich darum macht.  Dieser Strich darf nicht abgewischt werden.  Er verhindert das Weiterwachsen des Geschwüres.
    Im ersten Jahre kommt weder Kamm noch Schere auf den Kopf des Kindes.  Am besten werden die Haare zum ersten Male am Ostersonnabend während des ersten Glockenläutens geschnitten.
    Wenn Kinder abgesetzt werden, legt man sie auf einen Tisch, auf dem ein Gebetbuch, ein Brot und ein Geldstück liegen.  Frömmigkeit, Wirtschaftlichkeit oder Reichtum werden ihm bebeschieden sein, je nach dem Gegenstande, nach dem es zuerst greift.
    Beim Säen von Gerste oder Weizen legt man ein paar Körner unter die Zunge, sät barhäuptig, ohne zu sprechen, zu grüßen oder zu danken, und am Ende speit man die Körner am Wege aus und zertritt sie.  Das ist gut gegen die Sperlinge.
    Beim ersten Austreiben nahm der Hirte ein Stück Brot und zwei gekochte Eier mit.  Das Brot und das Weiße der Eier aß der Hirte, das Gelbei nahm er samt einem bißchen Gras nach Hause und mischte es unter das Futter, damit man das Jahr über viel und schön gelbe Butter hätte.  Beim Heimkommen wurden Hirte und Kühe aus dem Melkkübel mit Wasser begossen, damit der Hirte nie einschlafe und die Kühe viel Milch gäben.  Auch der Ackerbesteller, der das erste Mal ins Feld fuhr, wurde beim Heimkommen mit Wasser begossen.
    Andre Bräuche knüpfen sich an verschiedene wichtige Tage des Kirchenjahres.
    Am Nikolaustage gibt es allerhand Vermummungen.  Früher zog ein Bischof umher, jetzt geht man gewöhnlich in Soldatenröcken oder in umgedrehten Pelzen.  Mitunter war früher auch ein als Mädchen angezogner Bursche dabei mit einem Körbchen, aus dem er Gaben verteilte.  In ganzen Scharen ziehn heute die Burschen mit Glocken lärmend durchs Dorf, in der ersten Dämmerung das kleinere Volk, wenn es finster wird, die größeren.  Begegnen sich solche Scharen und will einer gar gewaltsam ergründen, wer hinter der Vermummung steckt, so ist häufig eine Keilerei das Ende vom Liede.
    Am hl.  Abende werden alle möglichen Fastengerichte aufgefischt, gewöhnlich neunerlei Speisen.  Wo Kinder sind, wird schon mittags gegessen, sonst ist die Hauptmahlzeit abends, und mittags gibt es bloß eine Wassersuppe.  Nur an diesem Tage wird der Eßtisch gedeckt.  Unter dem Tische liegen Strohseile und ein Beil.  Jeder muß bei Tische etwas Geld bei sich haben.  Beim Essen muß jeder wenigstens einen Fuß auf das Beil setzen.  Das hilft gegen Krankheiten.  Nach dem Essen wird das unter dem Tisch liegende Stroh um die Obstbäume gebunden; Schalen, Kerne und Brosamen werden ebenfalls an den Bäumen verteilt.  Dabei spricht man: "Blüh, Bäumchen, blüh und schlafe, blüh und trage süße Frucht!"
    Am hl.  Abende werden die Hühner in einem Reifen gefuttert, damit sie sich gut halten und nicht verlaufen.  Der Hofhund bekommt eine Butterschnitte mit Knoblauch, damit er recht bissig werde.
Am Stephanstage (2.  Weihnachtsfeiertage) wurde der Hafer geweiht. Jeder Besitzer schickte etwa 1 Liter ausgedroschnen Hafer in einem Tuche oder in Papier gehüllt zur Kirche.  Dieser geweihte Hafer wurde dann zum Teil unters Saatgetreide gemischt, der Rest wurde am selben Tage dem Vieh unters Futter getan.
    Nach Neujahr kommen die hl.  Dreikönige gewöhnlich aus den Nachbardörfern nach Schönwald und singen meist deutsche Texte.  Früher gehörte auch ein Schäfer dazu, der unter beständigem Schrittwechsel das Lied sang: "Ob ich gleich ein Schäfer bin".
    Zur Faschingszeit wird im Gasthause oder in größeren Wohnungen die schnoschk'e abgehalten.  Es ist dies, im Gegensatze zum offentlichen Tanze, ein Vergnügen im kleineren Kreise, das vorher angesagt wird und zu dem die nächsten Bekannten eingeladen werden.  Die Musiker, Streicher und Bläser, sind gewöhnlich Dilettanten.  Mitunter besorgt auch eine Ziehharmonika die Musik.
    Sommersingen an Lätare.  Die Kinder tragen kleine Fichtenbäume, mit buntem Papier und Schnüren geschmeckt oben ist darin häufig eine Puppe angebracht.  Auch polnische Kinder aus Nachbardörfern kommen oft ins Dorf.  Gesungen wird gewöhnlich: "Es geht durch alle Lande ein Engel still und hehr', dazu der polnische Kehrreim: selonje pikne nasdrojonje".  Die Kinder be-
kommen für ihr Singen Eier oder Geld.
    Zu Ostern werden Eier bemalt. Oben und unten sind gewöhnlich Kronen, in der Mitte Sprüche. Hauptsächlich schenken sich Liebesleute solche Eier.
    Ostersonnabends wurden früher Eier, Brot und Schinken geweiht.  Heute geschieht es am Tage der hl. Agatha (5.  Febr.). Am Ostersonnabende wird das Feuer in der Kirche geweiht. Dann geht man mit den brennenden Laternen, die in der Kirche bei der Zeremonie verwandt wurden, um Haus und Gehöft herum Dadurch sichert man sich vor Feuersgefahr.
    Am 1. Osterfeiertage werden kleine Holzkreuze und ein paar geweihte "Palmzweige" [Weidenkätzchen] in die Feldecken gesteckt.  Gleichzeitig wird, ebenso wie zu Pfingsten, Weihwasser auf die Felder gesprengt.
    Noch in der Dunkelheit geht man am 1. Ostertage früh aufs Feld und singt Osterlieder, meist mehrere Familien zusammen.  Auf einem Wege geht man bis zur Grenze hinauf, auf dem andern zurück.  Vor Morgengrauen ist man wieder zu Hause.  Dieser Umgang heißt ems kün senga = ums Korn singen.
    Die uralte sinnige Art des Feldumganges hielt sich bescheiden, aber zähe bis in unsere Zeit, obwohl daneben die prunkvolle kirchliche Prozession stand.  Diese war, ebenso wie bei den benachbarten Polen, ein Fest der ganzen Gemeinde, und für ihre Reiterprozession opferten die Schönwälder gerne. Im Anfange des 18.  Jahrhunderts ging, es dabei so zu: In der Regel am 2. Ostertage versammelte man sich um ein Uhr auf dem Kirchhofe.  Auf Befehl des Abtes wurden hier die Teilnehmer ermahnt, hübsch in Ordnung und im Schritt zu reiten und nicht wild darauf los zu galoppieren.  Dann ging es mit Kreuz, Osterherze und Auferstehungsfigur unter Glockengeläute um die Felder.  Durch Lieder und Litaneien suchte man Hagel und Unwetter abzuwenden und Gedeihen für die Saat zu erflehen.  Die Burschen und jüngeren Männer waren zu Pferde. Ging der Pfarrer mit, so konnte er sich aus der Gemeinde ein beliebiges Pferd aussuchen und bekam 16 Silbergroschen.  Der Rest des gesammelten Geldes floß in die Kirchkasse.  Blieb der Pfarrer aber weg, vielleicht weil ihm die Schönwälder Pferde zu mutig waren, so bekam er nichts.  Trotz der guten Ermahnungen hörte jedoch der Unfug nicht auf, so daß die Reiterprozessionen 1817 aufgehoben und in eine Nachmittagsandacht umgewandelt wurden.
    Am Ostermontage bespritzen die Jungen die Mädchen mit Wasser und bekommen dafür bemalte Ostereier. Am Osterdienstage bespritzen umgekehrt die Mädchen die Burschen, ohne jedoch vor ihnen sicher zu sein, da mancher allzueifrige Bursche auch am Dienstage noch sein Recht ausübt.  Die sonst in Schlesien bekannten "Schmackostern" gibt es nicht.
    Am 1. Mai wird der Maibaum gesetzt.  Dann wird ein Stück Ast von der Birke abgehauen und auf den Mist gesteckt.  Abends, wenn die jungen Burschen kommen, nehmen sie die Leitern und stellen sie vors Fenster und auch vor die Tür, daß man nicht herauskam.  Manchmal nageln sie auch die Tür zu; dann muß man zum Fenster hinauskriechen.  Oder sie tragen die Tonnen bis ins Mittelfeld oder ins Hegefeld, oder sie hängen die Milchtöpfe und die Butterfässer auf den Baum.  Manchmal setzen sie auch den Wagen auf die Scheune.  Im Niederdorfe hatten sie einmal den Wagen auf der Scheune mit Mist beladen.  Oder sie legen auf den Kamin ein Stück Glas, daß der Rauch alles zurückkommt; und wenn man in den Schornstein hineinsieht, dann sieht man doch nichts, ob er etwa verstopft ist.  Dann denkt man, die Hexe ist drinnen.  Vor die Tür legen sie auch Rasenschollen, daß die Hexe nicht ins Haus hineingeht.  Die Leute sagen auch, wenn man des Nachts herausgeht, dann sieht man die Hexen auf den Besen und Mistgabeln in der Luft herumfliegen. -
    Birkenreiser und Rasenschollen werden besonders vor alle Stalltüren gelegt, Birkenreiser, wie oben gesagt, auch auf den Mist gesteckt.
    Rein kirchlicher Natur war die Prozession am Tage des hl.  Florian (4. Mai), der in Schönwald besonders verehrt wurde.  Sie ging durchs Ober- und Niederdorf.  Da der Ort sehr oft durch Brände verheert wurde, ist die Ehrung dieses vor Feuer bewahrenden Heiligen besonders verständlich.  Heute kennt man sie nicht mehr.  Auch die Prozession um die Felder am Isidor- und Urbanstage (15. und 25.  Mai) hat aufgehört.  Am 4. und 25.  Mal wird in der Wirtschaft nur die nötigste Arbeit, wie z. B. Viehfüttern, verrichtet.  Sonst gelten diese Tage als Feiertage.  Bis 1907 waren sie auch schulfrei.  Seitdem ist auf Antrag der Lehrer nach dem Gottesdienste Unterricht. Ebenso rein kirchlicher Natur war das Gelöbnis aus der Mitte der 40er Jahre, um den Hagel abzuwenden, nach Pschow zu wallfahren.  Anfangs geschah das am Peter-Paultage.  Da die Schönwälder aber dann von polnischen Wallfahrern erdrückt wurden, machen sie jetzt die Bittfahrt nach dem 29.  Juni zusammen mit den Ratiborern.
    Zu Mariä Himmelfahrt findet die Kräuterweihe statt.  Eberesche, Getreide, Wermut und andere Arzneikräuter und Obstbaumzweige werden dabei zu einem Büschel zusammengebunden.  Bei Krankheiten wird dem Vieh davon unters Futter gegeben.  Am hl.  Abende hackt man davon unter den Kuchen, der von den Back- und Speiseresten vom Weihnachtsabende geknetet und am selben Abende dem Vieh gegeben wird.

Tanz und Spiel
    Der Besentanz.  Ein überzähliger Tänzer steht mit einem Besen in der Mitte.  Die anderen Tänzer gehn erst paarweise, teilen sich dann, so daß die Herren rechtsum, die Damen linksum, also in entgegengesetzter Bewegung im Kreise schreiten.  Plötzlich wirft der Besentänzer seinen Besen fort und erfaßt eine Tänzerin.  Die Musik geht im selben Augenblicke aus der langsamen Reigenmelodie in eine lebhafte Tanzweise über.  Jeder Tänzer sucht eine Tänzerin zu erhaschen.  Der Übrigbleibende nimmt nun den Besen, und nach ein paar Runden wiederholt sich das Spiel.
    Ebenso wird er in der polnischen Nachbarschaft getanzt, auch bei den Trachtenfesten zu Koslowagora.
    Der Tücheltanz wird besonders bei Hochzeiten getanzt.  Die Paare schreiten langsam im, Kreise um einen überzähligen Tänzer herum, der unter allerhand Neckereien schließlich auf eine Tänzerin zugebt und ein Tuch vor ihr hinbreitet.  Beide knien darauf nieder, umarmen und küssen sich, stehn dann auf und tanzen miteinander.  Die Tänzerin nimmt nun ihrerseits das Tuch und sucht sich einen Tänzer, während der erste in den Beigen eintritt.  Dabei wird, vor allem von den Kränzelherren [driuscheba], allerhand Ulk gemacht.  Holt sich dann einer die sich ablehnend verhaltende Mutter des Mädchens, das er liebt, so erregt er dadurch bei den Eingeweihten besondere Heiterkeit.
Beim Katertanz stehn die Tänzer in zwei Reihen.  Eine Tänzerin entflieht ihrem Herren und wird überall von den andern durchgelassen, ihr Tänzer, der sie verfolgt, dagegen nicht.  Die Musik spielt dazu in sehr schnellem Tempo.  Hat der Tänzer seiner Dame erhascht, so tanzt er ein paarmal mit ihr herum, während die Musik ein ruhigeres Tempo anschlägt.  Dann treten die beiden in die Reihe, und die nächsten kommen dran.
    Pantoffeljagen..  Alles sitzt, möglichst in bunter Reihe, auf der Diele mit angezogenen Knien.  Ein Pantoffel wird unter den Knien bald rechts, bald links herumgeschoben.  Ein Spieler in der Mitte sucht ihn zu fangen.  Er wird von demjenigen Mitspieler abgelöst, bei dem der Pantoffel gefunden wurde.
    Schinkenschlagen.  Einer steckt in gebückter Stellung das Gesicht in eine Mütze und muß erraten, wer ihn mit der Hand auf die "Schinken" geschlagen hat.  Erst wenn er das errät, wird er von dem Betreffenden abgelöst.
    schperk'etsin.  Zwei Burschen liegen auf allen Vieren, Gesäß gegen Gesäß auf der Erde.  Jeder trägt einen Reiter.  Die Reiter fassen überrücks die Enden eines Stockes.  Darauf gehn die "Pferde" auseinander, und die Reiter suchen sich gegenseitig rücklings herabzuziehen.
    Schtek'eschpelda ist ein Spiel zur Verulkung Uneingeweihter. Einer liegt als Klotz auf allen Vieren, der andere wird als Schlegel an Bein und Schulter gepackt un dmit dem Gesäß gegen des Klotzes geschlagen.

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