§ 8 - Die von Bibow

        Die von Dechow führen mit den Hahn gleichen Schild und Helm : einen rothen Hahn im silbernen Felde. Das Räthsel dieser Uebereinstimmung lässt sich jetzt lösen : die Stammväter beider Geschlechter Gottschalk von Sdechow und Eckahrd Hahn, waren Brüder (Godescalcus de Degowe et frater suus Eckhardus Gallus), nach der merkwürdigen Urkunde vom K. (1238) [IX], welche unter den Zeugen für die Familiengeschichte so viel Wichtiges enthält. Die Entdeckung dieser unzweifelhaften Wahrheit ist der klar und vollständig zu verfolgenden Geschichte zweier alter Geschlechter ist in der Geschichte Epoche machend und wird auch in der Geschichte mancher anderer Geschlechter viele Dunkelheiten aufklären können. Die Urgeschichte der von Dechow verbreitet zunächst viel Licht über dei Urgeschichte des hahnschen Geschlechts.
Die von Dechow haben ihren Namen von dem Dorfe Dechow, im jetzigen Herzogthume Lauenburg, an der ratzeburgischen Grenze, hart an dem zum Bisthums Ratzeburg gehörenden rögeliner See zwischen Rehna oder Gadebusch und Ratzeburg. Dort liegen  noch an einem Bauergarten nahe am Seeufer die Trümmer der Burg Dechow unter einer kleinen Erhöhung von uralten Backsteinen, unter denen sich öfter Kohlen und Alterthümer finden. Weil die von Dechow ihren Namen
von dem Lehn haben, so geht auch beständig das Wörtchen von (de) vor dem Namen.
        An Dechow grenzt Moltzan, das Stammgut der Maltzan, welche alle Zeiten hindurch bis heute in den verschiedensten Gegenden des Landes den Hahn benachbart geblieben sind.
        Die Bedeutung des wendischen Namens Dechow giebt daher auch keine Aufklärung über das Geschlecht.  Die Wurzel dech bedeutet im Slavischen : Athem, dechowy würde: athmig heissen.  Der böhmische Ortsname Tekow kommt von tek = fliessen, was zur Lage von Dechow am See passen würde, aber auch die Wurzel dech, von der die Bedeutung: windig, luftig, sich herleiten liesse.  Die Ableitung des Namens aus dem Plattdeutschen, welche im vorigen Jahrhundert versucht ward, stimmt zum Lachen: der Stammvater Dechow oder De-gow soll von seiner Schnelligkeit oder Gewandtlieit de gaue zubenannt worden sein: denn gau heisst niederdeutsch: munter, heiter.
        Zuerst erscheint der Stammvater Gottschalk um das J. 1230 in dem Zehntenregister des Bisthums Ratzeburg als auf Dechow und Röggelin gesessen [III], in diesen Gegenden werden auch die Stammsitze des ganzen Geschlechts zu suchen sein.  Gottschalk von Dechow erscheint mit seinem vollen Namen noch im J. 1248 als Zeuge bei dem Herzoge Albert von Sachsen.  Wahrscheinlich ist Gottschalk von Dechow der Kämmerer Gottschalk, welcher am 6. Sept. 1239 bei dem Fürsten Johann von Meklenburg zu Gadebusch [VII], und der Vogt (praefectus) Gottschalk, welcher am 2. Jan. 1245 mit demselben Fürsten zu Lübeck [XII u.XIII] war.  Zu vermuthen steht, dass er mit dem Gottschalk dieselbe Person sei, welcher am 30.Oct. 1230 als Neffe des Herrn Thetlev von Gadebusch bezeichnet wird IV]; hierdurch würde die Verwandtschaft der Hahn mit dem vornehmsten wendischen Geschlechte des Landes und mit dem Bischofe Brunward von Schwerin begründet sein.
          Gottschalk von Dechow (1230-1248) hatte drei Söhne : Eckhard (1253; 1261-1268), welcher seinen Vornamen ohne Zweifel von seinem Oheim Eckhard Hahn erhielt, Friedrich (1269-1271) und Gottschalk, Domherr zu Ratzeburg (1261-1266). Ob die im J. 1253 im Gefolge des Fürsten Jaromar von Rügen vorkommenden Brüder Eckhard, Marschall, und Arnold schon dem Geschlechte von Dechow angehören, wie pommersche Forscher glauben, steht noch zur Frage; denn damals war das Geschlecht noch nicht im Fürstenthume angesessen.
          Im J. 1225 hatte der Fürst Witzlav von Rügen dem Dom Capitel zu Ratzeburg das Dorf Pützenitz (Putitze) bei Damgarten geschenkt. Da das Gut dem Capitel zur eigenen Bewirthschaftung zu ferne lag, so gab das Capitel es im J. 1261 dem RItter Eckhard von Dechow, welcher Vasall des Doms zu Ratzeburg war, zu Lehn, unter der Bedingung, dass er und seine Lehnserben das Gut fortan von dem Dompropste zu Lehn nehmen sollten [XV]. So kam die Familie von Dechow nach Pommern.
          Eckhard von Dechow muss bald darauf gestorben sein, da er im J. 1268 dem Kloster Neuen-Camp zwei Hufn bei Tribom vermacht hatte. Ein Ritter Eckhard von Dechow, welcher im J. 1271 zu Rostock als Zeuge auftritt, ist vielleicht ein Sohn Friedrichs. Friedrich erscheint in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts
öfter im Gefolge des Nicolaus von Werle. Am 20.April 1286 verkauften die Brüder Heinrich und Hermann von Dechow, Eckhards Söhne, welche noch im J. 1309 lebten, die ihnen gehörende Brücke über die Rekilitz zwischen Damgarten und Ribnitz an die Stadt Ribnitz. [LIII]. Fortan erscheinen die von Dechow auf dem Festlande Rügen im Lande Barth, in der Gegend von Damgarten und, in der benachbarten Herrschaft Rostock.
            Die Stammväter des Geschlechts sind also:

Stammbaum Dechow

Im Anfange des 14. Jahrhunderts scheint von den von Dechow wieder ein Nebenzweig entsprossen zu sein, ein Geschlecht Duding, indem in einer Urkunde vom 2. Febr. 1320, in welcher Heinrich von Dechow und Nicolaus Hahn Zeugen sind, der Ritter Duding von Dechow, als der Oheim der Brüder Barthold und Conrad genannt Duding bezeichnet wird.  Die Duding erscheinen übrigens schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts am Hofe der Fürsten von Rostock und führten im 14.  Jahrhundert einen quergetheilten Schild und zwei gekreuzte Pfauenfedern, wie die Fürsten von Werle und die werlesche Stadt Teterow auf dem Helme.  Der Stammvater Heinrich von Duding war schon im J. 1233 unter den Vormündern der jungen Landesfürsten.
          Ausser dem Gute Putzenitz erwarben die von Dechow mehrerer Güter in derselben Gegend, namentlich Pantelitz und Beyershagen, qelche uinter dem Namen der Pützelitzer Güter bis zum Aussterben des Geschlchts bei demselben geblieben sind. Die von Dechow leisteten von diesem Gütern zwei Rossdienste.
          Im J. 1592 trug Eckhard von Dechow bei dem Begräbnisse des Herzogs Ernst Ludwig von Pommern die Fahne des Landes Barth. Als er am 30. März 1618 starb, ward er, "auf Pütnitz, Beyershagen und Pantelitz in Pommern Erb- und zu Ribnitz in Meklenburg bürgerlich gesessener" genannt; die von Dechow besassen also auch einen Hof in der Stadt Ribnitz. Im 17. Jahrhundert hatten sie auch Güter zu Mallin, Neddemin und Klocksin im Meklenburgischen, im Lande Stargard.
          Das Geschlecht derer von Dechow ist kurz vor 1800 in männlicher Linie ausgestorben. Nach dem Tode des letzten Besitzers, des Oberstlieutnants von Dechow, dessen Witwe vor einigen Jahren in Stralsund gestorben ist, kamen die Pütenitzer Güter an die Söhne zweier Schwestern, der Frau von Reckrodt und die Frau von Zanthier. Nachdem der junge von Reckrodt und der älteste von Zanthier gestorben sind, besitzt der jüngere von Zanthier die Güter.

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