§5 - Eckhard I (1230-1245)

        Der Stammvater des Geschlechts Hahn ist ohne Zweifel der Ritter Eckhard, der erste des Namens in der Geschichte, um so unzweifelhafter der Stammvater, als er allein von seinen Zeitgenossen den Namen Hahn führt, sein älterer Bruder Gottschalk aber, sich nach seinem Ritterlehn von Dechow nennt [IX] und Stammvater des Geschlechts von Dechow. wird. Von seinem ersten Auftreten an ist er beständig im Gefolge des Fürsten Johann von Meklenburg, des Stifters der fürstlichen Linie Meklenburg, Theil nehmend, an allen wichtigen und einflussreichen Begebenheiten bei der Begründung der neuen Zustände, bei dem gänzlichen Verschwinden der wendischen Formen. Er tritt mit dem Fürsten, ehe dieser im J. 1256 die Residenz nach Wismar verlegte, in den alten wendischen Fürstenburgen und den neu gestifteten Klöstern auf, vorzüglich aber auf der Burg Gadebusch, welche vor Wismar Hauptresidenz des Fürsten Johann war, und wirkt hier mit den Stammvätern der neuen Rittergeschlechter, wie Thetlev von Gadebusch, Gottfried und Johann von Bülow, Gerhard von Malin, Conrad von Swinge, Alverich von Barnekow, Thetlev von Parketin u.a., von denen manche nur noch in den Büchern der Gesuichte bekannt sind. Dies und der Umstand, dass sein Bruder Gottschalk von Dechow zu Dechow und Röggelin im Bisthume Ratzeburg in der Nähe von Rehna ansässig war [III], deutet darauf hin, dass er, wie die Stammväter vieler anderer alten Geschlechter, seine Besitzungen im Lande Gadebusch hatte oder vielleicth als Rath des Fürsten ein Burglehn zu Gadebusch und mit seinem Bruder die Familiengüter gemeinsam besass. In den ersten Jahren lebt er ohne ritterliche Würde [IV, V], wie alle seine Genossen aus dem alten Adel; seit dem J. 1236 erscheint er aber mit diesen mit der Ritterwürde [VI] geziert.
         Noch standen die jungen Fürsten des Wendelands unter Vormundschaft, als am 30. October 1230 die beiden ältern Brüder Johann und Nicolaus, später Fürst von Werle, für sich und ihre beiden andern Brüder, mit dem Grafen Gunzelin von Schwerin ein Frejndschaftsbündniss schlossen. Der Groll zwischen beiden landesherrlichen Häusern musste bei einer so feindlichen Stellung, wie sie die Grafen von Schwerin früher gegen die oboritischen Fürsten gehabt hatten, bedeutend gewesen sein. Nun aber waren von beiden Seiten die beiden Generationen, welche Zeugen der oft blutigen Begebenheiten gewesen aren, dahin gestorben : Borwin I 1227, Heinrich Borwin II 1226 und der berühmte Graf Heinrich I, Gunzelin I Sohn, 1228. Es war Friede uim Lande und nach aussen hin; die jungen Landesherren, welche aus eigener Anschauung das Heidethum nicht mehr kannten, waren dazu belebt von dem Geiste tieferer Wissenschaft und romantischer Dichtkunst; denn Johann von Meklenburg soll in Paris Theologie studirt haben und Graf Gunzelin III von Schwerin pflegte in der blühenden Zeit der mittelalterlichen Dichtung Sänger, wie Rumelant, an seinem Hofe. Kein Wunder, dass sich die jungen Herrren die Hände reichten und ihre Länder der Segnung des Friedens, dessen sie so lange entbehrt hatten, theilhaftig zu machen suchten.  Sie schlossen daher Frieden und Freundschaft [IV], verbündeten sich auf Treu und Glauben und stellten ihre Grenzen richtig; zum Pfande der Eintracht verlobten die wendischen Fürsten ihre einzige Schwester Margarethe dem jungen Grafen Gunzelin. Unter den Bürgen für dieses wichtige Friedenswerk, welches eine Erquickung nach so vielen Leiden sein musste, war auch Eckhard Hahn: sein ernstes Werk war die Hülfe an der Grundsteinlegung des Baues, in welchem wir noch heute glücklich wohnen.  Es zeugt für die Bildung und Tüchtigkeit Eckhards, dass der Fürst Johaiin ihn fortan in seiner Nähe behielt; und auch der Fürst Nicolaus muss ihn lieb gewonnen haben, da er später seine ganze Liebe auf Eckhards Sohn übertrug.
            Nachdem der Fürst Johann bald hierauf selbstständig die Herrschaft seines Landes Meklenburg angetreten hatte, trat Eckhard Hahn ganz in seinen Dienst: im J. 1240 [X] zählt der Fürst ihn zu seinen Rittern (militibus nostris).  Am 9. Julii 1231 war er mit dem Fürsten auf der Burg Neuburg bei Ilow [V],. welche später der Fürstin Luitgard, Johanns Gemahlin, Lieblingssitz ward; hier verlieh der Fürst dem Kloster Dobbertin das Patronat der Kirche zu Goldberg: wahrscheinlich besah er die Burgen seiner neuen Herrschaft, denn am 29.  April 1231 war er auch zu llow gewesen.

            Die politischen Zustände waren geregelt; nur in den geistlichen Verhältnissen herrschte noch Kampf. Das Bisthum Schwerin erstrecktze sich nach den Stiftungsurkunden bis nach Vorpommern hinein. Während des letzten Aufstandes der Wenden hatten die pommerschen Herzoge sich die Unsicherheit der Zustände zu Nutzen gemacht und das Land Circipanien von der Trebel zwischen den Recknitz und Pene-Gewässern bis über Güstrow hinaus an sich gerissen und druch ihren Bischof von Camin Anstalten zu Cultivirung der Länder treffen lassen. Traten auch die herzoge von Pommern das Land mit Ausnahme des Landes Stavenhagen und des Klosters Dargun bald wieder ab, so wollte doch der Bischof von Camin nicht weichen, während der Bischof von Schwerin seinen Hirtenstab auch über Vorpommern von Rechts wegen ausstreckte. Es entstand ein langer und hetiger Streit, der erst im J. 1260 zu Gunsten des Bischofs von Camin seine Endschaft erreichte. Die Herzoge von Pomern standen dem Bischof von Camin dadurch bei, dass sie dem schweriner Bischofe seine Zehnten entzogen. Hierüber entrüstet rief der Bischof Brunward die Landesherren zu Hülfe und schloss am 5. Febr. 1236 mit dem Fürsten Johann von Meklenburg einen Vergleich zur Wiedergewinnung der bischöflichen Zehnten [VI]. Das Bündniss beschworen 12 Ritter, unter diesen auch Eckhard Hahn, und der Erzbischof Gerhard II von Bremen gab in Gegenwart der Bchöfer von Ratzeburg und Lübeck, des Abtes von Doberan und des Probstes von Neukloster zu Neukloster zu dem Unternehmen seinen Segen. Die Ausführung entsprach auch für den Augenblicj den Erwartungen. Der Fürst Johann gewann bei deisen Zuge das Land Loiz, welches Thetlev von Gadebusch erhielt. Bei dieser Gelegenheit kamen auch wohl noch mehrere meklenburgische Ritter, wie Johann Moltzan, nach Vorpommern.
            Am 16. Mai 1236 ward das erste Kloster im Bisthume  Ratzburg, dass Nonnenkloster zu Rehna von dem Bruder Eckhard, dem spätern Propste des Klosters, gestiftet.  Am 6. Sept. 1237 bestätigte zu Gadebusch der Fürst Johan die Stiftung und Bewidmung, [VII] indem er dem Kloster das Patronat der Kirchen zu Rehna und Wedendorf und über alle Güter desselben welche dessen erste Wohlthäter, die Ritter Thetlev von Gadebusch, Gottfried und Johann von Bülow, Gottfried von Brütsekow, Heinrich bon Ertheneburg, Otto von Cowal und Heinrich von Schwerin, dargebracht hatten, dieselben Rechte verlieh mit welchen die übrigen Klöster im Lande ihre Güter besassen. Unterden Zeugen befand sich auch Eckhard Hahn. Am zweiten Weihnachtstage 1237 war er unter den Zeugen [VIII] als der Bischof Ludolf in der Kirche zu Ratzeburg vor seinem Dom-Capitel, in Gegenwart von 20 Rittern. und 16 Pfarrern des Bisthums das Kloster Rehna feierlich bestätigte und mit Rechten beschenkte. Bald darauf gab er auch seinen Rath, als der Fürst Johann demselben Kloster den Besitz des Dorfes Roxin, mit welchem das Kloster zuerst durch den Ritter Heinrich von Roxin fundirt war, und der dazu gehörenden Hagens bestätigte [IX].  Vielleicht nahm Eckhard so regen Antheil an dem Flor des Klosters, weil der Stifter desselben, ein Mönch Eckhard, nach dem Namen zu schliessen, in irgend einer verwandtschaftlichen Beziehung zu ihm stand. Am 28.  Juni 1240 war Eckhard Hahn mit dem Fürsten Johann äuf der alten Burg Meklenburg, wo derselbe die meklenburgischen Schwertritte, unter diesen einen Raven und meherer von der Lühe, empfing, welche nach der Vereinigung ihrers Ordens mit dem deutschen Orden den Hof Sellin andas Kloster Neukloster veräusserten. [X]. Am 18. Januar 1241 war er vom Fürsten Nicolaus von Werle nach Güstrow abgeordnet, als der Graf Gunzelin sich dort mit Gefolge aufhielt. Vielleicht feierete dieser damals seine Vemählung mit der Prinzessin Margarethe, welche bis dahin im Kloster Dobbertin gegenwärtig war; auch von ihren Vormündern waren einige anwesend, wie Heinrich Grube, der Dompropst von Güstrow und eben derselbe Propst von Dobertin. Bei dieser Gelegenheit schenkte der Fürst dem jüngst in der Grafschaft Dannenberg gestifteten Kloster Eledena die Hufen und den Bach im Lande Turne bei Mirow, wo das Dorf Fleth mit der Flether Mühle angelegt ward [XI]. Mit der Stadt Lübeck lebte der Fürst Johann in hutem Vernehmen und begünsigte nicht nur den Flor der Handelsverhältnisse der Stadt , sonder beförderte auch die geistlichen Stiftungen derselbebn, welche schon früh viele Besitzungen im Lande meklenbzrg hatten, auf alle Weise. Das Johannis-Kloster in Lübeck war bis dahin von Mönchen und Nonnen bestzt gwesen: es entstand dadurch manches Aergernis, um dieses zu haben, ward die Versetzung des Mönchsconvents nach Wismar beschlossen, wo er ein selbstständiges Kloster gewann, welches die Güter in Holstein und in den Wendenländern behielt. Als der Fürst Johann mit mehreren Rittern, unter denen auch Eckhard Hahn war, das Neujahrsfest 1245 in Lübeck feierte, ward durch den Bischof von Lübeck am 21. Jan. die Auseinandersetzung vorgenommeri [XII, XIII], bei welcher auch der Mönch, ehemalige Graf Adolf von Holstein gegenwärtig war.
            Dies sind die uns bekannt gewordenen Handlungen und Verhältnisse des Ritters Eckhard Hahn; sie sind hinreichend, einen klaren Blick in seine hohe Stellung und weit reichende Wirksamkeit zu thun. Er stellte dem ganzen Geschlechte ein würdiges Vorbild auf und flösste demselben eine Gesinnung ein, welche ihm und dem Vaterlande immerdar zum Heil und Segen gereicht hat, und in seinem Glanze spiegeln sich alle, seine Nachkommen:  es giebt wohl kaum eine Generation in der Familie, in welcher nicht ein Glied des Stammvaters würdig gewesen wäre.
            Mit dem Jahre 1245 verschwindet Eckhard Hahn aus der Geschichte.  Ob der in der Nähe des Klosters Dargun in den Jahren 1251 und 1252 unter den Zeugen an zweiter Stelle vorkommende und.dem Kloster beiräthige Ritter Eckbard der Ritter Eckbard Hahn sei, lässt sich nicht bestimmen, jedoch ist es leicht möglich, da sein Sohn Nicolaus zuerst in der Gegend des Klosters Dargun ansässig erscheint.
            Das Todesjahr Eckhards ist unbekannt; jedoch ist so viel gewiss, dass er mit seiner Gemahlin, am 30.  Mai 1278. [XXXVII] sclion gestorben war. Wahrscheinlich starb er in dem kräftigsten Alter, da sein einziger Sohn Nicolaus erst im J.1266 auftritt und in der.Zeit von 1245-1266 die Geschichte keines Gliedes des Geschlechts Hahn gedenkt.

zurück zur Hahn-Übersicht