Die voraufgehenden Paragraphen
haben den Leser mit der Thätigkeit und den Schicksalen der bedeutenderen
Mitglieder der Familie von Blücher im Wittenburgischen bekannt -gemacht;
dagegen haben über ihre nächsten Verwandtschafts-Verhältnisse,
über ihre Eltern, Kinder und Geschwister, nur Aindeutungen gegeben
werden können. Es bleibt also jetzt die zwiefache Aufgabe übrig,
einmal auch diejenigen Söhne und Töchter der Wittenburger Linie
namhaft zu machen, die nur beiläufig Erwähnung gefunden und zur
Betheiligunf an öffentlichen Angelegenheiten keine Gelegenheit gesucht
oder gefunden haben, und zweitens den genealogischen Zusammenhang aller
Personen aufzusuchen, soweit derselbe in den Urlunden Spuren hinterlassen
hat oder sich aus diesem oder jenem Grunde mit mehr oder weniger Mahrscheinliclikeit
vermuthen lässt. Denn es darf schon hier am Eingange der Erörterung
nicht, verschwiegen werden, dass die Quellen über den verwandtschaftlichen
Zusaminenhang der meisten Glieder der Wittenburger Linie nur sehr spärlich
fliessen, und dass daher in den meisten Fällen nur Vermuthungen aufgestellt
werden können, deren Kraft dem Verfasser, der sie durch die mannigfachsten
Betrachtungen über die Verhältnisse jener Personen und ihre gegenseitigen
Beziehungen geprüft und wieder und wieder erwogen hat, leicht zwingender
erscheinen mag, als dein Leser, der einen strengen Beweis durch scharfe
Schlussfolgerungen begehrt.
Diese Erfahrung konnte der
Leser übrigens auch oben schon machen. Denn von den vier Stammvätern
der Wittenburger Linie wurden freilich drei, Hermann, Heinrich und Ulrich
der Dicke, als Brüder bezeichnet; Wipert (I.) aber wird dort, wo jene
Bezeichnung angewendet ist, gerade nicht mitgenannt. und wo er in Verbindung
mit zweien von jenen vorkommt, fehlt jede Benennung des Verwandtschaftsgrades.
Immerhin könnte jemand versucht sein, ihn als einen Vetter jener drei
andern Blücher, etwa als einen Sohn des Ritters Johann und Bruder
der beiden Bischöfe Ulrich und Hermann, hinzustellen, zumal, wenn
sich hernach noch zeigen wird, dass auch seine muthmasslichen Nachkommen
rüksichtlich des Güterbesitzes denen der andern drei Wittenburger
Stammväter gegenüber eine gewisse Sonderstellung einnehmen; aber
andererseits würden sich dann gerade die Besitzverhältnisse doch
kaum erklären lassen. Denn für Söhne jenes ersten
Wipert erklärt man zunächst schon im den Namens willen den jüngern
Ritter Wipert (II.), der eine und dieselbe Person mit Wibert von Lehsen
zu sein schien, und seinen Bruder Hermann, der anfänglich als Hermann
von Ziggelmark erwähnt wird, späterhin aber mit Wipert II. im
gemeinsamen Besitze von Lehsen und Bakendorf erscheint. Da aber neben
diesem Knappen und späteren Ritter Hermann noch ein Geistlicher mit
Namen Hermann von Lehsen erwähnt wird, so drängte uns dieser
Umstand zu der Vermuthung, dass der Geistliche Hermann und der Knappe Friedrich
von Lehsen Neffen Wiperts I. gewesen sein möchten, und dass dieser
selbst noch, nach dem frühen Tode Friedrichs, zu dem Besitze von Lehsen
gelangt sei, das er dann auf seine beiden Söhne vererbt hätte.
Gewiss ist, dass das Lehsener Haus von allen Blücherschen allein noch
im 17. Jahrhundert Besitzungen in Ziggelmark hatte.
Noch schwieriger ist es,
sich die Reihenfolge der Besitzer auf Waschow vorzustellen. Dass
dieses schöne Gut 1282 ein Lehn Ulrichs des Dicken gewesen, ward oben
als wahrscheinlich hingestellt. Im Jahre 1335 aber war des Ratzeburger
Bischofs Lehnmann wegen des bischöflichen Antheils an den Zehnten
von Waschow der Knappe Wipert (III.), den man, wenn nicht andere Gründe
bestimmt dagegen sprechen, zunächst seines Namens wegen doch für
einen Enkel Wiperts I. ansieht.
Sicher war dieser Knappe,
Wipert (III.) nicht ein Bruder des Knappen Ulrich und des (späteren)
Riters Heinrich, übner welchen in § 22 gesprochen ist; denn als
er mit ihnen zusammen am 10. August 1316 zu Zarrentin erschien, um der
Bestätigung der mehrerwähnten Schenkung Ulrichs des Dicken an
das Kloster beizuwohnen, werden jene beiden ausdrücklich Brüder
genannt, und dann erst wird er ihnen angereihet. Am 5. April 1319 war der
Knappe Wipert als der Einzige aus seiner Familie bei dem Grafen Nicolaus
zu Wittenburg, ebenso um 11. November 1322. Um seinetwillen nennt sich
ohne Zweifel der Ritter Wipert (II.) in dem Stiftungsbrief für die
Capelle zu Wittenburg, den er mit seinem Bruder am 22. August 1323
vollzog, Wipert den älteren, aber etwas auffallend dünkt es uns,
dass diese beiden Stifter, wenn anders sie, Söhne hatten, deren Namen
dem Stiftungsbriefe nicht einverleibten. Indessen nennen sie niemand
aus ihrer Familie; man mag darum aus diesem Umstande noch nicht schliessen,
dass sie keine Leibeserben hinterlassen haben. - Nach dem Tode des Grafen
Nicolaus findet sieh Wipert, wieder im Gefolge des jungen Wittenburger
Grafen Günzel VI., einmal am 18. September 1324, und dann am 28. October
1325, als der Graf die Dienste des Knappen Ulrich mit der Bede des Dorfes
Holthusen belohnte.
Dass gerade er fast allein
aus der Familie von Blücher am Hofe des Grafen genannt wird, führt
auf die Vermuthung, dass er entweder das Burglehn in Witteriburg selbst
besass, oder dass er vor den Thoren der Stadt, auf Lehsen oder Ziggelmark
oder auf Waschow, wohnte.
Wir können hier leicht
seine Nachkommenschaft weiter verfolgen; doch geben die Nachrichten über
dieselbe auch nicht die erwünschten Aufschlüsse über sein
Gut, und also keine Aufklärung über das Haus, welchem er angehörte.
Ob die Tochter eines Wipert von Blücher, für deren Aufnahme der
Graf Heinrich von Schwerin (der damals nicht nur seinen eigenen Landestheil
Schwerin, sondern seit Günzels Vl. Tod (1327) als Vormund des
Grafen Otto I. auch im Lande Witteilburg regierte) dem Kloster Zarreiltin
im Jahre 1330 eine Rente aus der Bede von Schönlo schenkte, eine Tochter
des Ritters Wipert (II.), oder aber eine Tochter des Knappen Wipert (III.)
war, lässt sich mit Bestimmtheit freilich nicht mehr ausmachen; der
Ritter würde aber doch wohl eine Andeutung seiner Würde und das
Prädicat eines Verstorbenen empfangen haben. Wenn aber der Prior
Lüder in der oben (§. 26) erwähnten Memorienstiftung vom
Jahre 1377 seines Vaters Wipert, seiner Mutter Syle (Cäcilie), seines
Bruders Matthias und seiner verstorbenen Brüder und Schwestern gedenkt,
so kann man hiernach wohl den Namen der Gemahlin Wiperts (III.) und seiner
beiden geistlichen Söhne, sowie eine Tochter, Nonne zu Zarrentin,
in die Stammtafel eintragen und mit grosser Wahrscheinlichkeit ihnen als
eine zweite Tochter die Frau des bischöffichen Vogtes Markward Röbellen
zu Schönberg beigesellen. Denn wohl nur, weil dieser aus einer vornehmen
Lübeker Familie entsprossene Mann ihr Schwager war, bezeichneten jene
beiden Geistlichen als ihren Freund (d. h. Verwandten) und liessen ihn
an den Stiftunngen Theil nehmen. Aber leider werden gerade die weltlich
gebliebenen Söhne, die Nachfolger im Besitze Wiperts, verschwiegen.
Und auch durch Combinationen
ist hier nicht weiter zu kommen; wenigstens ist immer nur ein Sohn mit
einiger Wahrscheinkeit zu ermitteln. Denn der Burgmann Lüder
(§. 24) würde sich, da er in den Jahren 1343-1374 vorkommt, seinem
Lebensalter nach hier wohl einreihen lassen, kann jedoch schon um seines
Namens willen, der dem des Priors gleicht, nicht in Betracht - kommen,
da es ich nicht ohne Beispiel, aber doch selten war, dass ein Vater zweien
seiner Söhne einen und denselben Vornamen gab. Dann mag man
zunächst sein Auge auf einen Knappen Vicke von Blücher werfen,
weil er zuerst in der Umgebung des Bischofs Wipert von Ratzeburg auftritt,
und man den Bischof wegen seines Namens doch gern mit Wipert von Blücher
auf Waschow in eine ziemlich nahe Verbindung bringt, wenngleich Bischof
Wipert, wäre er ein Bruder des Piors gewesen, ohne Zweifel Ehren halber
in dem Stiftungsbriefe namemtlich erwähnt sein würde.
Der Knappe Vicke ist nur
aus dem Ratzeburgischen Stiftsarchiv bekannt. Wir sehen ihn am Hofe
des Bischofs Wipert zu Schönberg am 23. August und am 7. November
1360, am 23. Juli und am 8. October 1361. Sein Verhältnis zum